Northeim (lpd). Die Landkreise Northeim, Göttingen, Goslar und Holzminden haben begleitet durch Wissenschafts- und Praxispartner in den letzten fünf Jahren ein niedersächsisches Pilotprojekt für die Installation und Verstetigung des Themas „Dorfmoderation“ in Niedersachsen erarbeitet. Unterstützung gab es vom Nieders. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Das Kooperationsprojekt wurde im Herbst 2020 erfolgreich abgeschlossen.
Entstanden sind in dieser Zeit fünf Broschüren, die unterschiedliche Themenbereiche darstellen und Hilfestellungen für die Dorfmoderation liefern.
Am letzten Donnerstag wurden die Broschüren durch Rainer Koch, Dorfmoderator aus Sievershausen und Andreas Stänger, Ortsbürgermeister und Dorfmoderator in Schlarpe, an Landrätin Astrid Klinkert-Kittel überreicht. „Toll, dass wir jetzt die Ergebnisse aus dem Projekt in den Händen halten und damit weiter arbeiten können. Das ist eine wunderbare Hilfe für neue Orte, die die Dorfmoderation einsetzen wollen“, betonte Landrätin Klinkert-Kittel, die davon überzeugt ist, dass aktive kommunale Strukturen nicht nur die Attraktivität der Dörfer als Wohnort und die Lebensqualität erhöhen, sondern auch zur Stärkung der Demokratie beitragen.
Bei den Broschüre handelt sich um ein Curriculum, das ein neues erprobtes Konzept für die Qualifizierung von Dorfmoderator*innen in Niedersachsen beschreibt; die Handreichung für Referierende mit Ergänzungen und Anwendungshinweise zum Curriculum; einen Methodenkoffer für die Akteure in den Dörfern mit Methodenbeschreibung und Impulsen für die möglichen Dorfprozesse, ein Dorfanalyseschema, das das Gestern, das Heute und das Morgen eines Dorfes hilft zu erfassen, um so die Dorfzukunft gestalten zu können und ein Verstetigungs- und Vernetzungskonzept
Alle Produkte sind in gedruckter Form sowie als PDF-Datei auf der neuen Homepage www.dorfmoderation-sn.de zu finden. Dort gibt es auch weitere Informationen und begleitende Filme, die in fünf der 16 Modelldörfer entstanden sind.
Im Jahr 2015 hatte eine bis dahin einzigartige Zusammenarbeit im ländlichen Raum zwischen den Landkreisen Northeim, Göttingen, Goslar, Holzminden in Südniedersachsen begonnen. Ziel der Kooperation war es, eine Qualifizierungsmaßnahme für das Land Niedersachsen zu entwickeln, die auf die Unterschiedlichkeit der Dörfer, deren Geschichte, Menschen und Möglichkeiten Bezug nimmt. Dabei sollte die Gestaltung dörflicher Zukunft in enger Abstimmung mit den Ortsräten und Vereinen erfolgen. Die Förderung des Ehrenamtes stand hierbei im Fokus des Projektes.
Um die Dörfer besser zu unterstützen, neue Akteure zu gewinnen und das Miteinander in den Dörfern und darüber hinaus zu stärken, konnte auf die Erfahrungen im Landkreis Göttingen und im Land Niedersachsen zurückgegriffen werden. Bereits seit 2008 wurden in Göttingen Dorfmoderator*innen und im Bereich Weser-Ems sog. „Kümmerer“ qualifiziert. Seit der letzten Neuausrichtung der EU-Förder-Politik im Jahr 2015 ist die Dorfmoderation Bestandteil in der (sozialen) Dorfentwicklung bzw. der Dorferneuerung (Dorfregion) des Landes Niedersachsen.
Nach Anerkennung als Südniedersachsen-Projekt und Zustimmung der finanziellen Unterstützung durch das Nieders. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz konnte das Projekt mit 16 Modelldörfern in den vier Landkreisen begonnen werden. Unterstützt und begleitet wurde der Prozess durch die gewählten Vertreter*innen in den Dörfern sowie den zuständigen Kommunen. Als Partner wurden das Soziologische Forschungsinstitut der Universität Göttingen, die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst sowie die Ländliche Erwachsenenbildung und die Freie Altenarbeit Göttingen mit der Umsetzung beauftragt. Begleitet wurde das Projekt durch die Landkreise und das Ministerium.
In mehr als 10 Dörfern im Landkreis Northeim sind mittlerweile mehr als 20 Dorfmoderator*innen aktiv. So in Sievershausen, Kuventhal, Salzderhelden, Heckenbeck, Schlarpe, Volpriehausen, Gierswalde, Verliehausen, Nienhagen, Lutterhausen und Höckelheim. Projekte wie „Unser Dorf fährt elektrisch“ in Schlarpe und Heckenbeck oder auch die Umgestaltung des Lönsplatzes in Sievershausen (Dassel) sind durch die Dorfmoderation angestoßen und von den Dörfern umgesetzt worden. Weitere Interessierte haben sich bereits gemeldet, um an den künftig stattfindenden Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen.
Dorfmoderation funktioniert als „zurückgenommene“ Moderation und versteht sich als wichtiger Baustein zur Unterstützung der Ortsbürgermeisterin oder des Ortsbürgermeisters und des Ortsrates, sowie für Vereine und andere Akteure. Daraus ergibt sich ein Lernprozess für alle: Da mehr Menschen mitreden, ist eine gute Abstimmung und Vertrauen nötig. Als Mehrwert sollen Projekte umgesetzt werden, Handeln und Denken über den Tellerrand hinausgehen und ein Austausch in der Fläche mit anderen Akteuren und Dörfern erfolgen.
Foto: Claudia Hiller
Landrätin Astrid Klinkert-Kittel, Julia Gottlieb (Dezernentin Bauen und Umwelt), Annette Muhs (Fachbereich Regionalplanung und Tourismus), Rainer Koch (Dorfmoderator aus Sievershausen), Andreas Stänger (Ortsbürgermeister und Dorfmoderator in Schlarpe)