Sudheim (red). Daria Lukomskaja war neun Jahre alt, als sie erstmals den Hof der Familie Jäger in Sudheim betrat – eine Reise, die ihr Leben veränderte. Heute, 30 Jahre später, blickt sie mit Dankbarkeit auf eine jahrzehntelange Verbindung zurück, die aus einer Hilfsaktion der hannoverschen Landeskirche für Kinder aus der von Tschernobyl betroffenen Region Gomel in Weißrussland entstand.
Eine Entscheidung mit Folgen
„Es ist wirklich schon 30 Jahre her, dass ich erstmals zu Familie Jäger kam“, erinnert sich Daria. Damals lag ein Brief mit einem Foto und einer Einladung aus Deutschland in ihrem Briefkasten – geschickt von Cornelia und Theodor Jäger aus Sudheim. Zunächst zögerte ihre Mutter, doch der Großvater hatte heimlich einen Antrag gestellt. Der Beginn einer besonderen Geschichte.
Über viele Sommer hinweg verbrachte Daria ihre Ferien in Südniedersachsen. „Ich habe als Kind sehr schnell Deutsch gelernt“, sagt sie. Die Besuche reichten bis ins junge Erwachsenenalter – später reiste sie als Dolmetscherin mit anderen Kindern aus Gomel nach Deutschland, dann auch mit ihren eigenen Kindern und ihrem Mann.
Eine Initiative mit Wirkung
Cornelia Jäger organisierte fast 30 Jahre lang die Hilfsaktion im Kirchenkreis Leine-Solling. Rund 20 Kinder und Begleitpersonen pro Jahr aus der Region Gomel wurden in Familien im Landkreis Northeim aufgenommen. „Der Aufenthalt hier hat nachweislich das Immunsystem gestärkt und das Blutbild verbessert“, erinnert sich Cornelia Jäger. Aber noch wichtiger sei das Erleben eines unbeschwerten Sommers voller Ausflüge, Geborgenheit und Freundschaft gewesen.
In Gomel war alles grau, sagt Daria. „Aber hier war es bunt – auf dem Hof, im Garten, in den Menschen.“ Sie erinnert sich an das erste Zupfen an Cornelia Jägers Jacke beim Ankommen in Northeim: „Ich habe sie auf dem Foto wiedererkannt – und sie hat mich sofort angelächelt.“
Dankbarkeit bleibt – auch wenn das Projekt endete
Nach der Corona-Pandemie wurde die Aktion nicht fortgesetzt. Doch viele Verbindungen sind geblieben. Für Cornelia Jäger ist klar: „Ich bin sehr dankbar, dass so viele Familien im Landkreis Northeim Kinder aus Gomel aufgenommen haben.“ Daria sagt heute: „Viele haben sich gewundert, warum ich gerade nach Deutschland fahre. Aber ich habe gesagt: Dort leben liebe Menschen. Sie haben mir sehr viel bedeutet.“
Im kommenden Jahr jährt sich die Katastrophe von Tschernobyl zum 40. Mal – und Darias Geschichte steht beispielhaft für gelebte Mitmenschlichkeit, die Grenzen und Generationen überwindet.
Foto: Jan von Lingen